Grundlagen der Videoanalyse
Videoanalyse aus der wissenschaftlichen Perspektive
Was ist eigentlich eine Videoanalyse?
Was macht eine gute Videoanalyse aus?
Die Videoanalyse ist eine Möglichkeit der Leistungsdiagnostik. In den Spielsportarten kannst Du z.B. die konditionelle Leistungsfähigkeit (Schnelligkeit, Kra, Ausdauer, Beweglichkeit) einzelner Athleten anhand von Sprint-, Ausdauer- und Kratests isoliert untersuchen. Gleichzeitig kannst Du diese Fähigkeiten auch im Mannschasgefüge betrachten. Allerdings ist der taktische Leistungsstand einzelner Spielender oder eines Teams in isolierten Tests außerhalb des Wettkampfs bzw. Spiels nur schwer zu bestimmen.
Die Videoanalyse von Trainings- und Wettkampfsituationen bietet Dir eine gute Möglichkeit die Leistungen Deines Teams zu bestimmen und im Sinne eines Regelkreises zu verbessern. Du kannst diese Form der Analyse auch bei gegnerischen Teams nutzen, um Dir in der Spielvorbereitung einen taktischen Vorteil zu verschaffen.
Natürlich kannst Du den Leistungsstand auch sehr subjektiv im Verlauf eines Spiels erkennen. Dafür benötigst Du allerdings sehr viel Übung, da Du die Situation in Realgeschwindigkeit erkennen und bewerten musst. O besteht das Spiel aus komplexen Situationen an der viele Spielende beteiligt sind. Hinzu kommt noch der Abstand zum Spielgeschehen, was Dir neben Deinen weiteren Aufgaben als Trainer eine objektive Bewertung der Situation erschweren kann. Das Werkzeug Videoanalyse gibt Dir die Möglichkeit, für Dich relevante Szenen wiederholt zu betrachten. Dabei kannst Du die Abspielgeschwindigkeit selbst bestimmen und in Standbildern Grundordnungen und Systeme identifizieren. Du kannst eine Szene auch in einen größeren Kontext einordnen, indem Du den zeitlichen Rahmen der Szene veränderst. Gleichzeitig hast Du die Option das Spielgeschehen aus einem zusätzlichen Blickwinkel - neben Deiner eigenen Wahrnehmung an der Seitenlinie - zu betrachten. Die Videoanalyse ist zeitlich nicht an den Wettkampf gebunden und kann von Dir deshalb unabhängig von diesem durchgeführt werden.
Du erhältst durch die Videoanalyse viele Möglichkeiten, wie die Vorbereitung oder Nachbesprechung eines Spiels. Zusätzlich kannst Du das Videomaterial für die Schulung Deiner Spielenden nutzen. Sich selbst in konkreten Spielsituationen beobachten zu können und ein Feedback durch den Trainer zu erhalten, hat sich als eine sehr effektive Trainingsmethode für den taktischen Bereich erwiesen.
Welche Hauptformen der Videoanalyse gibt es?
Bevor wir uns mit dem Thema der Videoanalyse befassen, ist es wichtig einige Begriffe im Hinblick auf die Spielanalyse bzw. Spielbeobachtung zu klären. Es werden zunächst drei Hauptkategorien der Spielbeobachtung unterschieden:
- Subjektive Eindrucksanalyse - Diese Art der Analyse ist an keine Regeln gebunden. Als Trainer beobachtest Du ein Spiel und versuchst Dir einen subjektiven Eindruck der Leistung zu verschaffen. Dabei werden keine feststehenden Kategorien oder Merkmale genutzt und die Informationen werden unsystematisch gesammelt. Es zählt ausschließlich der subjektive Eindruck während dem Spiel.
- Scouting - Im Gegensatz zur subjektiven Eindrucksanalyse wird mit festgelegten Kategorien aber auch mit flexiblen Merkmalen gearbeitet. Die gewonnenen Informationen werden meist schrilich fixiert. Ziel ist es einen objektiveren Eindruck zu erhalten. Diese Methode wird häufig für die Gegner- und Einzelspieleranalyse genutzt und kombiniert subjektive Eindrücke mit objektiven Beobachtungen.
- Systematische Spielanalyse - Ziel der Analyse ist es das Spielgeschehen objektiv und ohne eine subjektive Bewertung zu analysieren. Dazu werden festgelegte Kategorien und Merkmale verwendet. Das Beobachtungssystem erlaubt keine Abweichung von den zuvor festgelegten Bewertungskriterien.
Im Bereich des Scoutings und der systematischen Spielanalyse ist es wichtig vor der Analyse festzulegen, welche Ziele mit dieser verfolgt werden sollen. Diese Ziele können z.B. Analyse von Standardsituationen, Grundordnungen, Spielaufbau etc. sein. Basierend auf den Zielen ergeben sich die Kategorien für die Analyse.
Die Informationsgewinnung aus der Spielbeobachtung kann in zwei große Bereiche unterschieden werden: Quantitative und qualitative Auswertung.
Die quantitative Spielanalyse hat das Ziel ein Spiel in Form von Zahlen, Tabellen und Grafiken zu beschreiben und damit eine statistische Auswertung zu erarbeiten. So werden vor einem Spiel die zu erfassenden Kategorien (z.B. Pässe, Torschüsse, Zweikämpfe, Standardsituationen, Ballbesitz etc.) festgelegt. Damit während der Analyse jede Situation richtig zugeordnet werden kann, ist es wichtig diese Kategorien im Voraus eindeutig zu bestimmen. Beispielsweise kann ein Pass als eine Aktion beschrieben werden, bei der ein Ball gezielt, regelgerecht und bewusst zu einem Mitspielenden gespielt wird. Auf diese Art und Weise lassen sich alle Kategorien beschreiben. Diese Begriffsklärung ist besonders wichtig, wenn an der Analyse und Auswertung mehrere Personen beteiligt sind - wir wollen mit einer Sprache sprechen!
Neben dem reinen “Zählen” der einzelnen Spielhandlungen sollten diese auch bewertet werden. Im Beispiel eines Passes wäre eine einfache Unterteilung in erfolgreich und nicht erfolgreich möglich. Zusätzlich lassen sich die einzelnen Aktionen fast bis ins unendliche mit weiteren Informationen wie z.B. Passtechnik, Ort der Passabgabe, Ort der Passannahme, mit oder ohne Gegnerdruck, beteiligte Spieler etc. versehen. Entscheidend für die Auswahl der Informationen ist das Ziel der Auswertung.
Die Ergebnisse der quantitativen Analyse sehen wir o in den geläufigen Statistiken zu Spielen, z.B. Ballbesitz, Anzahl der Pässe, Zweikampfquoten und so weiter.
Ein großer Nachteil der quantitativen Spielbeobachtung liegt in einer Fixierung auf ballgebundene Aktionen. So wird in unserem Beispiel jeder Pass erfasst, aber nicht wie sich z.B. der Passempfänger frei gelaufen hat. Ebenfalls fehlen taktische Informationen. So kann ein Pass zwar erfolgreich, aus taktischer Sicht jedoch falsch gewesen sein.
Die qualitative Analyse bewertet die gleichen Spielszenen wie die quantitative Analyse. Allerdings weitet sich der Blick über die eigentliche Aktion hinaus. Ziel der qualitativen Analyse ist es mannschas- und gruppentaktische Handlungen zu analysieren und im Kontext des jeweiligen Spielsystems zu bewerten. Neben der eigentlichen Handlungen wird auch betrachtet, wie die Spielsituation entstanden ist und welche neue Situation aus der Handlung resultiert. Im Rahmen der qualitativen Analyse werden nur auffällige Aktionen betrachtet. Letztlich entsteht eine kleine Anzahl an Szenen, die entweder eine optimale oder eine stark verbesserungswürdige Aktion zeigen. Diese Szenen können für die Schulung Deines Teams genutzt werden.