Grundlagen der Videoanalyse
Analysearten
Was kann ich alles analysieren?
Klassische Anwendungsfelder der Videoanalyse sind Gegneranalyse sowie die Analyse des eigenen Teams. Zusätzlich ist auch die Analyse von einzelnen Spielern eine zentrale Analyseform, die o gewählt wird. Die Schwerpunktwahl in der Analyse sowie die Wahl der Analyseform kann abhängig von Deinen Analysezielen variieren.
Die Gegneranalyse
Wie der Name schon sagt steht in dieser Analyseform Dein Gegner im Mittelpunkt. Ganz allgemein gesagt, wird Dein Gegner auf seine Stärken und Schwächen hin analysiert. Mit diesen Informationen kannst Du einen Matchplan für Dein Team entwerfen, mit dem Du die Erfolgschancen beim Aufeinandertreffen erhöhen kannst. Welche inhaltlichen Schwerpunkte Du setzt, hängt davon ab, wie Du die Analyse durchführen willst.
Zusätzlich legst Du fest, ob Du bestimmten Spielphasen eine besondere Bedeutung geben willst und ob diese auch für Deine Trainingsplanung und -durchführung entscheidend sind.
Was ist ein Matchplan?
“Der Matchplan bezeichnet die vom Trainer vorgegebene Strategie für das nächste Spiel. Eingeführt von Jungtrainer Thomas Tuchel ist der Begriff inzwischen zu einem wichtigen Teil der Fußballberichterstattung geworden. Die Entwicklung eines Matchplans gestaltet jeder Trainer individuell. Wenn auch häufig so kommuniziert, ist diese Methode keineswegs eine Erfindung Tuchels, er prägte nur den Begriff als solchen. Einem Matchplan sollte immer eine detaillierte Analyse des Gegners vorausgehen. Anschließend erstellt der Trainer (oder das Trainerteam) eine Strategie, die die aus Trainersicht höchsten Erfolgsaussichten verspricht. Neben der Aufstellung sowie der Taktik beinhaltet ein guter Matchplan auch individuelle Analysen und Anweisungen sowie Wechselabsichten. Auch sollte der Trainer einen Plan B erstellen, um im Falle eines Misslingens gezielt umstellen zu können.Im Amateurbereich sind Matchpläne wesentlich schwieriger zu erstellen, da man sich hier auf Beobachtungen Dritter oder die eigenen Erkenntnisse aus den wenigen gesehenen Spielen verlassen muss. Jedoch ist es auch hier sinnvoll, die taktische Ausrichtung und Schlüsselspieler des Gegners zu kennen, um eventuell taktische oder personelle Gegenmaßnahmen einleiten zu können.”
Die Analyse des eigenen Teams
Die Analyse des eigenen Teams (auch Eigenanalyse genannt) wird in der Regel nach einem Spiel durchgeführt. In der Analyse kannst Du feststellen, ob Dein Team Deine Vorgaben umgesetzt hat und ob der Matchplan geeignet war. Die Eigenanalyse ist das Ermöglichen einer objektiven Reflexion. Während des Spiels ist es o schwer Spielsituationen objektiv zu beurteilen, da jeder emotional im Spiel gebunden ist. Deshalb betrachten Bundesligatrainer strittige Spielentscheidungen o gesondert, bevor sie vor die Presse treten. Selbstverständlich gelten diese Einschränkungen auch für Deine Spieler: Neben dem emotionalen Aspekt sind sie auch physisch in das Spiel eingebunden. So haben sie, im Vergleich zu Dir als Trainer, bei allen Aktionen einen anderen Blickwinkel (und dazu o andere Aufgaben), weshalb es im gemeinsamen Gespräch über dieselbe Spielhandlung zu unterschiedlichen Wahrnehmungen kommen kann.
Die Einzelspieleranalyse
In der Einzelspieleranalyse werden Profile über die Stärken und Schwächen eines Spielers erstellt. Ein denkbares Szenario für diese Art Analyse ist die Integration eines Spielers, welcher in der kommenden Spielzeit in Deinem Team spielen soll. Als Jugendkoordinator erleichtert Dir diese Form der Analyse die Entscheidung, ob ein Spieler für den nächsten sportlichen Entwicklungsschritt bereit ist. Gleichzeitig erhältst Du mit dieser Analyseform auch eine Beurteilungsgrundlage, ob sich Deine Spieler auf die Art sportlich weiterentwickeln, wie Du es prognostiziert hast.
Innerhalb der Einzelspieleranalyse stellt die Technikanalyse einen wichtigen Teilaspekt dar. Der Fokus reduziert sich auf der einen Seite auf eine einzige sportartspezifischen Technik. Auf der anderen Seite betrachtet die Technikanalyse die Summe aller Spieltechniken und das fortschreitende Entwicklungsprofil Deines Spielers.
Die Analyse der sportlichen Technik umfasst drei Schritte:
Identifiziere die entscheidenden bewegungstechnischen Elemente Gewichte die Bedeutung dieser Elemente in der jeweiligen Situation für die Technikausführung Analysiere die Defizite im Hinblick auf die Beherrschung der gewichteten Bewegungstechniken
Allgemeine Fragestellungen
Ganz egal was Du analysieren möchtest, mit Hilfe der nächsten Fragen solltest Du Dir ein Bild darüber machen könne, wie breit Videoanalyse gefächert ist und worüber man sich Gedanken machen kann.
Wie wähle ich die richtigen Analyseelemente aus?
Für die Auswahl der Analyseelemente ist die Beantwortung mehrerer Leitfragen wichtig: Was ist das Ziel meiner Analyse?
Welche Analyseform will ich durchführen?
Wen will ich analysieren?
Welche Präsentationsform will ich anwenden?
Die Beantwortung der Fragen ist essentiell um die wichtigen Daten zu erfassen. Nur durch diese Informationen kann die Analyse gewinnbringend eingesetzt werden. Je nach Analyseform ist es egal ob Du die Daten für Dein Team oder den Gegner erhebst: Der Unterschied liegt in der Regel im Detaillierungsgrad der Daten und Informationen.
Selbstverständlich musst Du Deinen Blickwinkel auf die Geschehnisse berücksichtigen: Eine der grundlegenden Aspekte wird es sein, ob es sich um eine Situation handelt, in der ein Team in der Offensive oder Defensive agiert.
Was heißt das in der Praxis?
Wenn Du Dich auf Deinen kommenden Gegner vorbereitest, hast Du vielleicht Videomaterial von seinen letzten Spielen. Dann konzentrierst Du Dich natürlich auf die Aktionen und das Verhalten Deines kommenden Gegners und nicht auf den Spielgegner im Video. Umgekehrt betrachtest Du bei der Eigenanalyse Deiner Mannscha detailliert die eigenen Aktionen und das Verhalten, während Du den Gegner nur oberflächlich analysierst, weil das Spiel bereits vergangen ist und Du Dich auf die Zukun vorbereiten willst.
Im Falle eines (Spieler-)Scoutings musst Du Dir ebenfalls die Frage stellen, welche Erkenntnisse Du gewinnen willst. Um eine gewisse Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Spielerprofilen zu erhalten, solltest Du grundlegende Analyseelemente beibehalten und diese je nach Ziel um andere Elemente erweitern.
Scouting
Scouting lautet das Zauberwort, das hinter systematischer Arbeit steckt, wenn es darum geht, Spieler zu bewerten und zu kategorisieren.
Prinzipiell lässt sich das Scouting in die zwei Kategorien Talent-Scouting und Scouting eines Ist-Zustands unterteilen. Die Vorgehensweisen sind ähnlich, obwohl sie unterschiedliche Zwecke verfolgen: Im Talent-Scouting wird eine Abschätzung des perspektivischen Entwicklungspotenzials gemacht, während die Analyse des Ist-Zustands eine Reflexion der bisherigen sportlichen Entwicklung darstellt. Werden neben taktischen Verhaltensweisen weitere leistungsbestimmende Faktoren berücksichtigt und eventuell sogar bewertet, wie die Ausdauer, die Schnelligkeit, etc., so musst Du sinnvollerweise auch deren Trainierbarkeit im Bezug auf das (biologische) Alter des Sportlers berücksichtigen. Hierbei gilt allerdings größte Vorsicht, da die konditionellen Fähigkeiten leistungsdiagnostisch erfasst werden sollten, um tatsächliche Beurteilungen vornehmen zu können, da ein Sportler sonst “nur” in Bezug auf seine Vergleichsgruppe “schnell” wirken kann. Die technische Analyse ist meist ebenfalls Teil des Scoutingsprozesses. Du kannst sie allerdings auch getrennt davon für ganz bestimmte Bewegungen durchführen. Hierbei gilt es dann die sportartspezifischen Bewegungsvorgaben in Dein Kategorie- und Bewertungssystem zu überführen und dieses System als Grundlage für Deine Analyse zu nutzen.
Wie bringe ich meine Vorstellungen in ein Kategoriensystem?
Eine systematische Analyse baut auf einem Kategoriensystem. Hierzu musst Du zunächst die entsprechenden Merkmale identifizieren und definieren. Dabei stellen vor allem die Randbereiche gewisse Schwierigkeiten dar. Auch das inhaltliche Verständnis muss dabei berücksichtigt werden. Wie definierst Du beispielsweise einen Pass? Wird er bereits ab dem Abspiel oder erst mit der Ballannahme als Pass gewertet? Du siehst, dass hier eine gute Definition der Schlüssel ist.
Wenn Du die Analysen ausschließlich für Dich anfertigst, dann musst Du bei diesen Vorarbeiten weniger präzise sein als wenn Du in einem Team arbeitest.
In Bezug auf den Aufbau eines Analyseschemas musst Du außerdem bedenken, welche Informationen einem bestimmten Spielereignis zuzuordnen sind. Nimm das Beispiel “Torschuss”: Du kannst diese Spielaktion beispielsweise mit Informationen wie dem Schützen oder dem Resultat des Schusses versehen. Du kannst das Ereignis auch andersherum betrachten: Dem Spieler wird die Information Torschuss mit dem Resultat des Schusses zugeordnet. Für welche Art und Weise Du Dich entscheidest, hängt davon ab, welche Informationen Du aus der Analyse ziehen willst und was für Dich relevant ist. Sicherlich fallen Dir noch weitere, andere relevante Informationen ein.
Gute Hilfsmittel bei der Ausgestaltung von Schemata sind die Faktoren Form, Farbe und Größe. So lassen sich je nach verwendetem System Kategorien und Bewertungen leichter und schneller identifizieren.